Vizemeister der Herzen

M. wollte eine Medaille an seiner Tür.  Nun hing – um mit dem „running gag“, der sich durch die gesamte Veranstaltung zog, auch hier noch einmal zu strapazieren – anders als bei U. und A. zumindest meine nähere berufliche Zukunft nicht unmittelbar von meinem Laufergebnis ab. Dennoch beschloss ich, mich solidarisch zu zeigen und sah mich hier in kollegialer Verantwortung.  Man sieht sich ja auch immer zweimal. Wes‘ Brot ich ess‘, des‘ Lied ich sing.

Jetzt ist aber auch gut damit. In Dresden war ich noch kurzfristig einberufener Ersatzmann und so konnte ich noch positiv überraschen. Jetzt war die Latte gelegt, und ich wollte auch abliefern. Die Medaille war ja auch wirklich beeindruckend, und eine zweite würde sich auch an meiner Pinnwand gut machen.

 

Warm war’s. Nicht so heiß wie in Dresden, aber „warm“ ist eigentlich schon Understatement. Schön war die Strecke, zumindest beim Einlaufen – ganz im Teamgeist gemeinsam absolviert – hatte ich noch ein Auge dafür. Raus aus dem Stadion, entlang der Dreisam Richtung … na, flussaufwärts halt. Was weiß ich. Natürlich nur ein kleines Stück, dann gewendet und auf der anderen Flussseite zurück.

Nach dem Startschuss lief ich aus den oben ausführlich geschilderten Gründen zunächst los, als gäbe es kein Morgen. Kurzfristig zeigte die Uhr eine Pace von unter vier Minuten an .. Viererschnitt konnte ich mal, aber das ist lange her. Gute acht Kilo, um genau zu sein, und ungefähr ebenso viel Lebensjahre. Ach ja, und die drei Wochen Zwangspause darf ich auch nicht vergessen.

Als Fixpunkt in dieser frühen Phase des Rennens diente mir eine Dresdner Triathletin, die ich später noch ein paar Mal auf dem Treppchen rumstehen sehen sollte. Wir hatten das Stadion verlassen und näherten uns meiner lückenhaften Erinnerung zufolge etwa der ersten Kilometermarkierung, als sie an mir vorbeizog und sich anschickte, mich stehenzulassen. Aber da waren unsere Fußballer vor.

Das vielstimmige „Hu!“, verbunden mit dem mehrfachen Ausrufen meines Vornamens trug nun nicht unmaßgeblich zu einer nachhaltigen Euphorisierung meinerseits bei. Man hatte gerade keine anderweitigen Termine und war in doppelter Mannschaftsstärke angetreten, uns Läufer zu unterstützen. Eine nähere Beschreibung würde hier nur dazu führen mich in Superlativen zu ergehen. Daher nur zusammengefasst: Hammer!

Ich ließ also umgekehrt die Dresdnerin kurz hinter mir. Nur kurz, klar – ich lief hier kurzfristig weit über meine Verhältnisse. Bei der kurzen Strecke würde sich das auch rächen, klar. Aber nicht so sehr wie bei längeren Läufen. Es ist ja nur Schmerz, wie #thejensie sagt.

Am Wendepunkt freute ich mich allerdings trotzdem, dass ungefähr die Hälfte hinter mir lag. Die Dreisam ist übrigens nicht besonders breit. Was mir einen erneuten Motivationsschub durch Anfeuerungen seitens der Fußballer verschaffte.  Wirklich: wenn ich noch nicht die autonome Reserve angegriffen habe, war ich verdammt nah dran. Oder anders gesagt: mehr Support dieser Intensität hätte ich vermutlich körperlich nicht unbeschadet überstanden.

So. Noch einen Schlenker um die Ökoplätze. Die üblichen Zuschauerlügen („Ist nicht mehr weit!“) und großes dickes Pepe trägt den Staffelstab ins Stadion.

Der dicke läuft ein … Wo ist A.? #dzm #freiburg #latergram

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Ich werde erst mal sauer. Wo zum Geier ist eigentlich A.? Wir waren doch verabredet, was erlaube? Ich beginne zu pöbeln, um dann festzustellen: er steht direkt neben mir. Jou. Ich schätze, ich habe mich ein minibißchen angestrengt.

Ich glaube sogar, jemand fragt mich ernsthaft besorgt, ob ich Hilfe brauche. Die Antwort nimmt M. mir ab. Der käme schon klar. Stimmt auch – ungefähr dreiundzwanzig Becher Wasser später kann ich wieder halbwegs klar denken.

A. ist viel schneller als erwartet zurück. Als U. auf der Strecke ist, trabe ich etwas aus – um mich bei den Fußballern für den Support zu bedanken und um M. anzufeuern.

Der Rest ist schnell erzählt. Zwanzig Sekunden langsamer als der Chef, ich kann mich weiter im Hafen blicken lassen. Bei der Siegerehrung als zweites aufgerufen, ließen wir uns zunächst silberne Medaillen um den Hals hängen.

Vizemeister der Herzen #dzm #latergram #freiburg

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Wir dachten also – weil bereits geehrt nicht unberechtigterweise – kurzfristig, die zweitschnellste Seniorenstaffel gewesen zu sein und damit Vizemeister.

Aus Gründen war jedoch die Siegermannschaft – also, die wirkliche, nicht die, die neben uns auf dem Treppchen stand – zunächst bei der Auswertung nicht berücksichtigt worden. Eine halbe Stunde später gaben wir also die Silbermedaillen wieder ab und mussten sie gegen drei bronzene eintauschen. Ein Umstand, der selbstverständlich zu einer gewissen Verärgerung geführt hat, deren Schilderung ich mir aber hier, ganz im Sinne eines positiven Berichtes spare. Es hat schließlich durchaus Spaß gemacht. Sogar ziemlich viel. Wir Port Movers sehen uns einfach weiter als „Vizemeister der Herzen“.

Wow. Viel Text für zehn Minuten laufen. Danke für’s Lesen.

 

3 Gedanken zu „Vizemeister der Herzen“

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