Tour de Friends Stage 4: Vittorio Veneto – Jesolo

Meine retrograde Amnesie umfasst lediglich die letzten paar Minuten vor dem Unfall. Das ist gut. Mir könnten Monate fehlen. Noch besser – natürlich nur im Hinblick auf den Plan, doch noch von der letzten Etappe der TdF zu berichten – ist, dass ich mir Notizen von diesem Tag gemacht habe.  Das freut mich deshalb so, weil es mir die Chance eröffnet, die letzte Tour in kurz/kurz noch einmal zu durchleben. In einer Situation, in der ich (wegen eines Schädel-Hirn-Traumas bislang vergeblich) meinen Arzt darum anflehe, wenigstens ein halbes Stündchen mit niedriger HF auf die Rolle zu dürfen. In der es draußen unaufhaltsam Winter wird – und ich keine Ahnung habe, wann ich auf dem Rad wieder etwas machen darf, das die Bezeichnung „Training“ auch nur ansatzweise verdient.

Dass ich indes überhaupt noch davon träumen darf, dass ich in ganzen, hoffentlich Sinn ergebenen, Sätzen von der letzten TdF-Etappe berichten kann, ist ein großes Geschenk, für das ich unglaublich dankbar bin.

Aber das nur, um das Gejammer ein bißchen zu relativieren. Zurück also nach Vittorio Veneto.

Wir haben tatsächlich noch einen Tag Sommer geschenkt bekommen. Am Hotel ahnten wir schon, dass wir die Armlinge nicht den ganzen Tag würden tragen müssen. Am Start wanderten sie ins Aufgabegepäck und wir bettelten einander um Sonnencreme an. Abends in Jesolo dann übrigens um Autan, aber das sei nur am Rande bemerkt.

Wir ballern, fast schon traditionell, los, als gäb’s kein Morgen. Die meisten der wenigen Höhenmeter verteilen sich auf die ersten Kilometer. Immer wieder verliere ich den Anschluss und sehe mich genötigt, ordentlich zu drücken, um wieder an die Gruppe ranzukommen. Manuel ist der erste, der den Trupp ziehen lassen will. Trotzdem dauert es noch ein bißchen, bis er, Rossi und ich die zweite Gruppe bilden. Wir fahren immer noch zügig, aber deutlich entspannter.

An der Labestation (wir haben Österreich längst hinter uns gelassen, aber ich liebe dieses Wort) gibt es Prosecco. Unter anderem. Es bewahrheitet sich erneut: je weiter wir nach Süden kommen, um so enthusiastischer der Bevölkerung. An der Labe gibt es ein Volksfest, bei der die offizielle Verpflegung der Rad Race-Leute deutlich ins Hintertreffen gerät.  Im Hause Bonkers allerdings ist man auf eine gute Platzierung aus. Als wir ankommen, ist man gerade im Aufbruch. Mit Philipp, Ralf, Manuel und mir findet sich allerdings eine Gruppe, die beschließt, zunächst ausgiebiger zu pausieren und danach entspannt(er) weiter zu fahren.

Was jetzt allerdings nicht unbedingt zu einer deutlichen Verringerung des Tempos führte. Wir fuhren zügig, aber entspannt. Um uns herum wird es allmählich mediterraner. Und endlich, endlich, werde ich mir dessen bewußt.  Ich genieße die Sonne und das mediterrane Flair – entsprechend erntet der Vorschlag, in Treviso einen zusätzlichen Kaffeestop einzulegen (es hatte sich zu uns rumgesprochen, dass einige der Teilnehmer „sowas“ durchaus machen – zusätzliche Pausen also entweder nicht verboten sind, zumindest aber nicht geahndet werden) erntet also keinerlei Widerspruch von meiner Seite.

Der Kaffee ist großartig, und Konkurrenten dabei zu beobachten, wie sie in großer Anzahl trotz unserer „Left! Left!“-Rufe falsch (also in dem Fall gar nicht) abbiegen ist überaus amüsant.  Ach ja. In Radklamotten in Cafés abhängen. 🙂 Das einzige, was ich an der Pause kritisieren würde, dass wir sie taktisch ein bißchen zu knapp vor Ralfs Panne gelegt haben.Aber auch hier war die Aussicht im Grunde nicht zu kritisieren. Ein bißchen aufs Geländer stützen, auf den Fluß mit seinem beeindruckend blauen Wasser gucken, die Situation genießen – und als mir droht, langweilig zu werden: ein bißchen pumpen und schon geht es weiter.

Philipp macht ordentlich Druck. Auch eine Variante eine Cappuccino-Rides, wie Manuel später bemerken sollte. Ich kenne das ja schon, und kann mich gut drauf einstellen. Klar ist es zügig, und durchaus anstrengend – aber nie hektisch. Natürlich bin ich trotzdem nicht böse, als die nächste – und letzte – Kontrolle kommt. Und dass unser Aufenthalt ein, zwei Minuten länger dauert als üblich ist auch nicht schlimm.Nicht ohne stolz hatte man auf die Möglichkeit der Pool-Nutzung hingewiesen. Endlich Dolce Vita! Ich verzichte trotzdem auf ein Bad – schließlich hatte ich schon einen Cappuccino.

Die letzten Kilometer schließlich waren relativ ereignislos. Sonne von oben, Druck auf den Pedalen … viel mehr geben weder meine Erinnerungen noch meine Aufzeichnungen her.

Egal. Mit dem eigenen Rad am Mittelmeer stehen ist immer etwas besonderes. Muttiradweg hin oder her – mit den Alpen in den Beinen sogar noch ein bißchen mehr.

Unsere Abschlussparty fällt nicht allzu hart aus – wir sparen es uns, Ingos Vorschlag zu folgen und dazu beizutragen, Jesolo leer zu tindern, und beschränken uns darauf, unser Schrittziel zu erfüllen – die Location für die Abschlussparty ist ausreichend weit entfernt von unserer Unterkunft, sowie einige Biere und relativ viele Pizzen (in meinem Fall deren zwei) zu vernichten.

Soweit. Danke für’s lesen!

 

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